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Noah

Ich liebte meinen Bruder dafür, dass er er war. Andererseits musste es eben schwierig für ihn sein. Er hatte mich gesehen und so tun müssen als ob er mich gar nicht kannte. Das war hart gewesen. Für ihn sicher auch. Zumindesr redete ich mir das ein. Er wollte das gar nicht. Er musste es.
Ich fragte mich, was für ein Leben er wohl führte als Wächter. Wen überwachte er? Wen beschüzte er?
"Er wird es durchhalten. Er hat es mir versprochen.", murmelte ich. Ich wusste nicht, wie viel das überhaupt zu sagen hatte.

"Es sind schon viele Männer und Frauen an dieser Strafe gescheitert, Männer, die man als unbesiegbar ansah, Frauen, die sich durchsetzen konnten. Es kann auch Alexander treffen, daß er diese aufgabe nicht erfüllen kann. Versprechen bringen nichts, sofern man nicht weiß, was einen erwartet. Er wußte es ebensowenig wie alle anderen, da von den Erfahrungen nichts weitergegeben werden darf," erklärte Finn ihm ruhig.
"Du kannst darauf vertrauen, daß er dir sein Versprechen in ehrlicher Absicht gab, du darfst aber nicht darauf verstrauen, daß er es einhalten kann. Jeder macht Fehler, auch er."

Noah

Das war mir selbst bewusst, aber ich wollte nicht daran glauben, dass mein Bruder es nicht schaffen könnte. Er hatte so viel durch und war immer wieder zurückgekommen, also musste ich ihm einfach vertrauen, dass er es wieder tat. Wann auch immer. Ich wünschte ich hätte zumindest Kontakt zu ihm halten können. Irgendwie.
"Ich glaube an ihn. Ich weiß, dass jeder Fehler macht. Ich möchte nur nicht daran denken, ich hoffe das verstehst du. Ich weiß das ist ignorant, aber ich möchte nicht von Schlimmsten ausgehen.", sagte ich leise.

"Nun, vom Schlimmsten auszugehen ist nicht immer von Nachteil. Jemanden in den Himmel heben und ihn damit unfehlbar machen ist eher die größere Niederlage. Zu verdrängen, daß jemand versagen könnte, hilft diesem keinesfalls, hilft dir nicht. Es trifft divh nur umso härtter, falls dir Nachricht kommt, daß dein Bruder nicht mehr ist," meinte Finn kühl.
"Was bringt es dir, daran zu glauben, daß Alexander es schaffen wird? Nimmt es dir die Angst? Wenn du keine Angst um ihn hast, weil du denkst, daß er es hundertprozentig schaffst, allein wenn du verdrängst, daß er es nicht schafft ... wenn du so denkst, bist du ein Narr, Noah. Immer nur an das Gute glauben, weil man das Schlechte nicht sehen will, ist töricht und ich hoffe, das weißt du auch."

Noah

Ich sah müde zu Finn hoch und nickte. Ich fühlte mich auf einmal so geschlaucht.
"Ich weiß. Ich bin töricht.", sagte ich leise. Ich konnte einfach mit dem Gedanken nicht leben, dass ich Alex für immer verlieren könnte. Auch wenn es realitisch war. Seine Arbeit war nicht ungefährlich und psychisch aufreibend. Dass er viel aushielt war auch vielleicht eine Ausrede. Das wusste ich ja gar nicht. Und überhaupt was bildete ich mir ein, dass sein Versprechen ihn davor bewahren würde.
In Finns Worten hörte man keinerlei Empathie, aber ich war mir sicher, dass er das schon öfter durchhatte. Ich sollte meine Erwartungen herunterschrauben, bis es nicht mehr wehtuen konnte. Nur packte ich das noch nicht.

"Du solltest jetzt gehen, Noah, ich denke, mehr gibt es nicht zu sagen und mehr hast du hier auch nicht zu tun. Ich kann Jenna Bescheid geben, daß du da warst, aber wenn sie dir gerade sowieso aus dem Weg geht, wird es auch keinen Unterschied machen, nicht wahr," meinte Finn und ging an Noah vorbei, um ihm die Tür aufzumachen. Felice kam auch gleich dazu, da sie sachte, es käme jemand, verzog sich aber wieder, als sie sah, daß dem nicht so war.

Noah

Finn kickte mich praktisch raus. Das war ja eh nicht meine Absicht gewesen zu bleiben und ohne Camilles Erlaubnis war es auch komisch. Vielleicht war er enttäuscht oder er hatte keine Lust mehr auf dieses Gespräch. Doch dann musste ich mich selbst ermahnen. Das hatte keine Relevanz. Selbst wenn.
"Kannst du ihr trotzdem was ausrichten, bitte. Ich liebe sie und ich möchte sie sehen. Einfach so. Wenn sie es möchte, kann sie mir jederzeit schreiben, das weiß sie. Ich würde mich freuen. Wenn nicht, dann na ja." Ich zog die Schultern hoch und trat aus der Tür. "Dann ist das so. Na dann bis später irgendwann, Finn." Ich neigte leicht den Kopf.

"Ich bin mir sicher, daß du es ihr auch mehrmals gesagt hast, daß sie dir schreiben kann. Also sehe ich nicht ein, warum ich dies auch tun soll, im schlimmsten Falle denkt sie, ich würde mich in eure angelegenheiten einmischen, das liegt mir aber fern. Wenn etwas zwischen euch nicht stimmt, dann habt ihr das unter euch zu regeln und wenn sie dazu nicht bereit ist, dann kann ich da auch nichts dran ändern, falls du auf die Idee kommen solltest, daß ich darüber mit ihr reden soll," meinte Finn und schloß die Tür mit Nachdruck.

Noah

"Du hast mir gesagt, dass du ihr Bescheid sagen kannst, dass du da warst und ich habe dich darum gebeten ihr noch etwas auszurichten. Das ist alles. Ich habe von dir nicht mehr verlangt. Aber schon gut." Er knallte die Tür vor meiner Nase zu. Ich amtete tief ein und aus, damit die Wut gar nicht erst aufkam. Es gab keinen Grund wütend auf Finn zu sein. Absolut gar keinen Grund. So war er eben. Schon immer und immer und er hatte ja nicht unrecht. Es lag an mir, an uns. Er würde sich nicht einmischen. Vor allem nicht bei Jenna. Und überhaupt... Aber mehr als das hielt ich an einem Tag auch nicht aus. Meine Gedanken schwirrten um meinen Bruder und Jenna und den Streit mit meinem Vater und Finns harter Kritik auf mich, als ich mich auf den Heimweg machte.

Finn sagte nichts weiter dazu, wenn Noah nicht einsah, daß es jemanden auf Dauer nerven würde, wenn man es ihm immer und immer wieder sagte, dann konnte er ihm auch nicht helfen. Außerdem hätte das Ganze auch nach hinten losgehen können, daß Jenna noch verschlossener Noah gegenüber hätte sein können und Finn wollte sie da auch nicht weiter unter Druck setzen.
Ob Noah auf ihn nun sauer war oder nicht, war ihm gleich, er hatte nicht vor, sich damit weiter auseinanderzusetzen, immerhin war er nicht für Noah zuständig. und der war auch alt gwenug, um seine Sachen selbst zu regeln, obwohl er mit dieser Aussage gerade auch bewiesen hatte, daß es ihm noch immer an Reife mangelte. Denn Noah schien es egal zu sein, daß, wenn er jemanden anderes vorschickte, Jenna auch auf denjenigen wütend werden konnte und das zeugte nicht wirklich vom reiflichen Nachdenken, zumal Noah auch ein Handy hatte und Jenna auch jederzeit schreiben konnte, daß er für sie da war. Als würde es etwas ändern, wenn Finn ihr das sagte ...

Noah

Ich versuchte diese Gedanken so gut es ging zu verdrängen. Wütend war ich nicht mehr. Nicht auf Finn jedenfalls. Mir wurde nur wieder schmerzlich bewusst wie sehr Jenna mir fehlte. Umso frustrierender war es, dass ich nicht zu ihr durchkam. Das mit Finn war ein weiterer verzweifelter Versuch gewesen. Es brachte alles eh nichts. Sie würde nicht auf mich eingehen, egal wie ich versuchte Kontakt aufzubauen. Ihrer Meinung nach tat sie mir etwas Gutes und sie beharrte auf ihrer Meinung. Immer. Also musste ich mich eben damit abfinden ihr die Zeit zu geben. Egal wie sehr es mich quälte zu warten. Ich hatte eben keine Ahnung wie lange.

Spät am Abend kam Jenna mit Camille zurück, sie nickte Finn nur kurz zu und verschwand dann im Bad, wo sie sich die Wanne mit Wasser volllaufen ließ, um den klinischen Desinfektionsgeruch loszu werden. Müde war sie auch, sich das alles zu behalten, zehrte an ihr. Es war eben doch anders, ob man als Besucher dort war oder nicht.
Seufzend lie0 sie sich ins heiße Wasser sinken, sie hoffte, daß sie heute Nacht schlafen wprde können, doch ein Bad half ihr des öfteren schon, den Kopf freizukriegen.

Noah

Ich sah mir irgendwelche Programme im Fernsehen an, um mich abzulenken. Es war eh sinnlos weiter darüber nachzudenken, auch wenn es schwierig war solche Dinge zu akzeptieren. Dinge wie Kritik, Dinge wie Leute, die nicht mehr in deinem Leben sein wollten aus welchen Gründen auch immer. Zumindest für die nächste Zeit. Am Ende kam es alles auf mich zurück. Wie Leif sagte. Ich konnte immer an mir arbeiten. Vielleicht war das Motivation das zu tun. Jemand zu sein, der Kritik annahm und sie umsetzte, jemand zu sein, der unabhängig seine Probleme löste und lockerließ. Vielleicht hatte Jenna Recht und ich war obsessiv. Vielleicht musste ich einfach loslassen. Sie loslassen und mich auf mein Leben konzentrieren. Voll und ganz. Ich schaltete durch die Sender, sah mir ein Fußballspiel an.

Nach dfem Baden ging Jenna auf ihr Zimmer und holte sich trotz allem noch ein Buxh, um es zu studieren. Allerdinfgs schaffte sie es nicht allzulange und schlief über dem medizinischen Wälzer ein, das Buch rutschte von ihren Knien und fiel zu Boden, wo es Finn fand, als dieser später noch einmal nach ihr sah, Sie schlief so fest, daß sie nicht hörte, wie er hereinkam, auch das Klopfen vorher hatte sie nicht aufgeweckt.
Seufzend stellte Finn das Buch zurück an seinen Platz, bevor Felice es finden und als Spielzeug ansehen konnte, dann decke er Jenna seufzend zu, sie sah blass aus, ihr Gesicht wirkte selbst im Schlaf noch angestrengt, als würde sie selbst im Traum noch weiterlernen.

Noah

Es war viel zu spät, als ich ins Bett ging. Mein Kopf war leer. Es hatte geholfen sich stumpfe Fernsehkanäle anzusehen. Erinnerte mich an früher. Ich fiel ins Bett und schlief einfach nur ein.
Die Herbstferien waren viel zu schnell vorbei. Ich wusste nicht, ob mein Vater am Sonntag auftauchen würde. Nicht nach der letzten Woche, aber ich hoffte es trotzdem.

Am Samstag Abend sendtete Luca eine kurze Mail an Noah.
Hallo Noah, ich hoffe, daß du mir und meinem Vater weiterhelfen kannst. Es geht immer noch um die Sache mit den Silberwölfen und mein Vater ist der Meinung, daß du uns vielleicht einige Informationen geben könntest, was einen der Besitzer angeht. Den Namen möchte ich hier nicht sagen, da diese Nachricht auch abgefangen werden und in die falschen Hände gelangen könnte. Könntest du uns bitte einen schnellstmöglichen Zeitpunkt nennen, an dem du meinen Vater noch einmal treffen könntest? Wir würden dieses Mal auch in die Stadt kommen, damit der aufwand deinerseits nicht so groß wäre.
Mit freundlichem Gruße und der Hoffnung, daß ihr wohlauf seid, Luca

Noah

Ich bekam Lucas Nachricht und antwortete sofort.
Hallo Luca. Natürlich. Ich helfe gerne. Wir können uns morgen treffen. Wo es euch am besten passt. Bei der Uhrzeit bin ich auch zufrieden.
Liebe Grüße, Noah
Schrieb ich ihm schnell eine Antwort. Ich fragte mich, was ich denn noch wissen sollte? Vielleicht ging es um diesen einen Wolfsmenschen, den ich mal in der Siedlung des Grafen getroffen hatte.
Ich schrieb noch kurz meinem Vater. War mir eh nicht sicher, ob er auftauchen würde. Aber jetzt musste ich ja zu dem Treffen mit dem Grafen. Ich schilderte ihm kurz die Lage und fragte ihn, ob wir uns vielleicht trotzdem noch sahen. Ob er das überhaupt wollte.

Wenn der Graf dich treffen will, dann hat das Vorrang, war Simons knappe Antwort auf Noahs Nachricht.
Lucas Antwort war da schon ein wenig ausführlicher. Gut, dann treffen wir uns morgen gegen elf, ich habe meinem Vater bereits Bescheid gesagt. Wir erwarten dich dann beim Haus deines Großvaters, fort läßt es sich am ungestörtesten reden.

Noah

In Ordnung. Bis dann Schrieb ich Luca. Warum sollte ich nochmal ins Haus meines Großvaters. Das brachte unangenehme Erinnerungen mit sich. Aber ich würde es schon packen. Einfach nicht dran denken.
Am Sonntag war ich fertig, als der gleiche Fahrer kam, um mich abzuholen. Diesmal bemühte ich mich sehr um Höflichkeit. Ich wollte niemanden verletzen.
Es war komisch in diesem oder an diesem Haus zu sein. Ein mulmiges Gefühl kam in mir auf und ich sah die letzten Momente meines Großvaters wieder vor mir wie einen Film. Mit viel zu vielen Details. Ich schluckte.

Der Graf und Luca warteten bereits auf dem Grundstück, als Noah eintraf. Das Haus war an und für sich noch das Gleiche, nur war die Fassade ausgebessert worden, das Grundstück sah wesentlich gepflegter aus, die Wege waren neu mit hellem Kies aufgeschüttet worden. Die Bäume im Hintergrund waren herbstlich gefärbt, hier und da trudelte eines der roten oder gelben Blätter zu Boden. An den Fenstern, von denen im unteren Stockwerk eines geöffnet war, hingen Gardinen, wenn man gernauer hinsah, konnte man die Spur von zurückgebundenen Vorhängen erahnen, deren Farbe durch die Sonne, die auf die Scheiben fiel, nicht wirklich zu erkennen war.
Liz hatte da ganze Arbeit geleistet, als sie dieses Haus als Maklerin übernommen hatte.

Noah

Ich begrüßte den Grafen und Luca höflich und folgte ihnen dann über das Gelände. Es sah ganz anders aus, als in meiner Erinnerung. Man hatte so einiges aufgebessert, alles gestrichen und gesäubert. Es sah fast aus wie ein modernes Anwesen, aber das konnte nicht die Erinnerungen in meinem Kopf vertreiben, die ich mit diesem Ort verband. Egal, wie viel einladender es hier nun aussah.
Wir betraten das Gebäude. Auch drinnen war ungekoriert worden. Der alte schwere Teppichboden war durch helleren ersetzt, überall waren Gardinen an den Fenstern und Topfpflanzen schmückten den langen Korridor. Meinem Großvater hätte das sicher nicht gefallen.

SChon wieder Hausfriedensbruch, Noah, tsts^^
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Ein junger Mann kam ihnen entgegen, als sie das Haus betraten, sah sie etwas irritiert an. "Ich weiß zwar, daß Sie heute angekündigt waren, aber daß Sie ungefragt ins Haus kommen wprden, hatte man mir nicht gesagt," meinte er und der Graf sah zu Noah, der die Tür geöffnet hatte und schon im Hausinneren stand, er selbst und sein Sohn standen noch an der Türschwelle.
"Sie hätten wenigstens anklopfen können," fügte der Mann noch hinzu und sah nun Noah auch direkt an.

Ah komm schon. Ich dachte er folgt dem Grafen.
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Noah

Ich sah etwas irrtiert zum Grafen. Er war ja vorgegangen, weshalb ich angenommen hatte, dass es in Ordnung war einzutreten. Ich wich schnell zurück.
"Oh. E...es tut mir Leid!", stotterte ich wollte Sie nicht stören. "Ich hatte angenommen... nein! Es tut mir Leid."
Ich trat wieder zurück und ging schnell hinter den Grafen und Luca. Ich wollte niemanden bei der Arbeit stören. Das war mein letzter Wunsch in dieser Situation.

Wie soll der Graf denn ins Haus kommen, wenn es ihm gar nicht gehört
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"Sie hatten angenommen, das Haus sei unbewohnt? Sieht es für Sie unbewohnt aus," fragte der Mann weiter. Der Graf sah kurz zu ihm und er schwieg dann aber weiter und verschwand im oberen Stockwerk des Hauses.
"Du hättest dir denken können, daß das Haus inzwischen verkauft ist, immerhin wußtest du darüber Bescheid," meinte der Graf dann kurz zu Noah und ging vor in die mit hellem holz freundlich ausgekleidete Küche, Luca auf seinen Fersen.

Ich dachte ^^"
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Noah

Ich lächelte verlegen. Ich kam mir vor wie der letzte Idiot.
"Es tut mir wirklich Leid.", sagte ich noch einmal schnell. Der Mann schien genervt zu sein. Wäre ich wohl auch, wenn es mein Zuhause wäre.
Ich nickte, als der Graf mich ansprach. Ins Geheim verfluchte ich mich selbst. Wenn ich mir alle Mühe gab mich zu behnehmen, passierte trotzdem was.
Ich folgte den beiden mit reichlich Abstand. Ich schämte mich zu sehr.
"Wie kann ich Ihnen helfen?", fragte ich den Grafen schließlich vorsichtig, als wir eine Weile in der Küche standen.