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Ich genoss die Wärme des auf mich herabprasselnden Wassers auf meiner Haut. Ich schloss die Augen und seufzte. Dann stellte ich das Wasser ab und kam aus der Dusche. Ich trocknete mich ab und föhnte mir die Haare. Dann legte ich das Handtuch weg, welches ich mir umgebunden hatte und zog mich an. Es sollte heute ein warmer Herbstag werden, also entschied ich mich für eine schwarze Spitzenstrumpfhose, einen kurzen schwarten Tuberock und ein Blutrotes Top. Dazu würde ich später meine schwarze Lederjacke anziehen. Ich schminkte mir meine Augen wie gewöhlich recht dunkel und betrachtete mich zufrieden im Spiegel. So konnte ich frühstücken gehen! Ich schnappte mir meine Tasche mit Geld und Schlüssel und meine Lederjacke und zog die Haustür hinter mir zu.

Punkt acht Uhr sollte das Geschäft geöffnet werden, also beeilte ich mich. Entgegen meines üblichen Kleidungsstils trug ich heute einen dunkelgrauen Anzug mit weißem Hemd, dessen obere Knöpfe ich offen ließ, immerhin wollte ich einen guten ersten Eindruck auf die Leute machen.
Langsam schloß ich die Tür auf und warf noch einmal einen Blick zurück auf meine Wohnung. Ordentlich, wie immer, so wie ich es mochte. Dann stieg ich die Treppe hinunter und enthüllte mein Schaufenster, um das Tuch sorgfältig zusammen zu legen.
Da die Sonne noch nicht richtig aufgegangen war, knipste ich die Lampen an, die das Geschüft in ein warmes Licht hüllten.
Dann öffnete ich die Tür und hängte ein kleines Schild mit dem Wort GEÖFFNET ins Fenster.
Um mir die Zeit zu vertreiben, schnappte ich mir zwei weiße Handschuhe und zog sie über, um dann die Möbel mit einem Tuch zu entstauben.

Ich zog mir meine Jacke über. Es war frisch draußen. Nicht unbedingt kalt, aber kühl. Die Luft war sehr klar und es war ein wenig windig. Ich hängte mir meine Tasche über die Schulter und machte mich auf den Weg zu meinem Lieblingscafe. Dazu musste ich in die Richtung, aus der ich gestern gekommen war. Ich lief an mehren Geschäften vorbei. Dann fiel mir ein Laden auf, den ich noch nicht kannte. Ich blieb vor dem Schaufenster stehen. Innen standen viele ältere Möbel. Ich lächelte. Dann öffnete ich die Ladentür.

Als ich gerade im hinteren Bereich des Ladens war und eine alte Kommode entstaubte, hörte ich das helle Klingeln der Ladenglocke, doch ich blieb ruhig. Nichts war für einen Kunden verschreckender, als das der Ladenbesitzer gleich auf ihn zu geschossen kam und ihn zutextete.
"Einen kleinen Moment, bitte, ich bin sofort für Sie da. Sehen Sie sich derweil ein wenig um und seien Sie mir willkommen."

Ich lächelte. Der Ladenbesitzer klang sehr höflich und sympathisch. Ich ging auf eine ältere Kommode mit drei Schubladen zu. Sie gefiel mir sofort und ich suchte genau soetwas für mein Wohnzimmer. Ich ging weiter und musterte jedes der Verkaufsstücke kurz. Der Laden war sehr ordentlich eingeräumt und ich fragte mich wer der Besitzter war. Ich stich vorsichtig mit ein paar Fingern über das alte Holz der Kommode zu der ich zurück gekehr war und zog eine Schublade auf.

Behutsam schloß ich den Schrank, ließ die Handschuhe aber an und ging nach vorn, wo ein Mädchen mir den Rücken zugewandt hatte, um sich meine Ware anzusehen. Kurz zuckten meine Augenbrauen nach oben - der gleiche Duft wie in der Nacht umwehte sie.
Sie war es gewesen, der ich gefolgt war.
Doch ich ließ mir nichts anmerken und strich meine Haare nach hinten, bevor ich mich bemerkbar machte.
"Kann ich Ihnen behilflich sein, junge Dame?"

Ich zuckte zusammen. Meine Nackenhaare stellten sich augenblicklich auf und ich war wie elektrisiert. "Huch? Oh... ja...",stammelte ich und versuchte mein Herz zu beruhigen. Ich drehte mich zu ihm um. Ein Mann der nicht viel älter sein konnte als ich stand vor mir. Ich lächelte leicht und versuchte normal zu klingen. "Diese Kommode hier... Was ist das für ein Holz? Und wieviel würde sie mich kosten?"

"Sie haben einen ausgesprochen guten Geschmack, junge Dame, wenn ich das bemerken darf."
Leicht lächelte ich sie an, sämtliche Empfindungen hatte ich zurück gedrängt um meine Fassade aufrecht zu halten.
Freundlich ging ich noch einen Schritt näher auf sie zu.
"Diese Kommode ist aus einer recht seltenen Kirschholzart gefertigt und wurde eigens von mir restauriert. Sie ist um 1900 herum gefertigt worden und daher schon etwas älter, doch noch sehr gut erhalten. Der Preis ist variabel, da ich mein Geschäft heute erst eröffnet habe, also können wir darüber reden, was Sie auszugeben bereit sind."

"Danke sehr!" Ich lächelte weiterhin. Das Kribbeln wurde weniger und dennoch musterte ich ihn kurz von oben bis unten. "Ich finde sie wirklich sehr hübsch... Ich denke sie wäre mir auch gute 250€ wert, da wie Sie sagten auch schon älter ist. Darf ich fragen woher sie dieses Exemplar haben?" Mein Blick wanderte wieder zurück zu dem Möbelstück.
Ich dachte kurz nach. Ich hatte nicht so viel Geld dabei um die Kommode jetzt zu bezahlen. Ich hatte nur 20€ dabei um zu Frühstücken. Ich sah wieder zu dem Verkäufer.

Ihr Blick fiel mir auf, sie konnte mich aber nicht erkennen, da ich mich ihr nicht gezeigt hatte. Oder hatte sie mich doch gesehen?
"Nun, es gibt ganze zwei Kommoden dieser Machart. Ich habe beide Stücke von einem guten Freund aus Norwegen erhalten ... der sein Geschäft schließen mußte und der mich gebeten hatte, diese für ihn zu verkaufen. Das Geld, das ich für diese Stücke erhalte, geht also teils auch an ihn, da er sich zur Ruhe gesetzt hat. Leider ist diese Kommode auf 300€ angesetzt worden, doch vielleicht könnte ich es regeln, wenn ich einen Anruf tätige, um dies zu klären. Würden Sie dann vielleicht heute Nachmittag oder Abend noch einmal vorbeischauen, dann kann ich Ihnen Bescheid geben. Solange", damit holte ich aus meiner Anzugtasche ein kleines Schild, auf den RESERVIERT stand heraus, und klemmte es in eine der Schubladen, "werde ich sie zurückstellen."

Ich nickte. "Vielen Dank das ist äußerst freundlich von Ihnen." Ich passte mich an seine fast schon altertümliche Art zu sprechen an. Er konnte nicht viel älter sein als ich und dennoch drückte er sich so gewählt aus. Aber das musste man wahrscheinlich auch, wenn man in so einem Geschäft arbeitete.
Ich lächelte den Verkäufer an. "Wie lange haben Sie denn heute geöffnet? Meine Schicht endet leider erst spät! Sonst könnte ich auch morgen wieder vorbei sehen..." Ich sah kurz auf meine Handyuhr. Ich hatte noch genug Zeit um nach dem Frühstücken noch einmal nachhause zu gehen, doch meine Schicht würde erst um 22 Uhr enden. Wahrscheinlich würde ich sogar noch länger bleiben müssen, da im Moment viele Kollegen krank waren und mein Chef mich oft bat Überstunden zu machen.

Als sie mich anlächelte, entspannte ich mich ein wenig.
"Nun, ich habe bis circa 20 Uhr geöffnet, je nachdem, ob die Bewohner dieser schönen Stadt Interesse an alten Möbeln haben oder nicht. Doch wenn ich Bescheid weiß, dann kann ich die Kommode auch bis morgen für Sie aufbewahren. Da Sie meine erste Kundin sind, macht das keine Schwierigkeiten für mich."
Leicht verneigte ich mich vor ihr und wandte mich dann um.
"Ich werde mich unverzüglich mit meinem Freund in Verbindung setzen und sehen, was sich machen läßt."

Ich bedankte mich erneut. "Das wäre nett... Bis acht werde ich es wohl nicht schaffen. Aber ich werde morgen dann vorbeisehen." Ich drehte mich um und war schon auf dem Weg wieder raus zur Tür um endlich diesem leichten Kribbeln auszuweichen. Doch dann wand ich mich wieder zu ihm um. "Entschuldigung, ich möchte wirklich nicht unhöflich wirken... Aber... Darf ich fragen wie alt sie sind?" Ich wurde leicht rot und sah zur Seite und dann wieder zu ihm. Ich lächelte leicht, schon fast entschuldigend.

Erstaunt drehte ich mich um. Diese Frage hatte ich nun am allerwenigsten erwartet. Etwas scheu sah ich sie nun an, da ich wohl fast im selben Alter war wie sie.
"Warum wollen Sie das wissen? Sagt man nicht, man frage jemanden nicht so einfach nach seinem Alter?"
Dann atmete ich tief durch, noch so eine Angewohnheit von mir.
"Gut, dann sehen wir uns morgen."

"Ich... Ähm... Verzeihung... Aber ich hatte sie nicht viel älter geschätzt als mich...", murmelte ich verlegen und wurde noch röter, wenn das überhaupt noch ging. "Einen schönen Tag noch", flüsterte ich fast schon, während ich den Laden schnell verließ. Da war ich wohl in ein Fettnäpfchen getreten.
Als ich am Marktplatz ankam verebbte das Kribbeln letztendlich gänzlich. Ich verlangsamte meinen Schritt und ging ruhig auf ein kleines Cafe in der Nähe zu.

Etwas verwirrt sah ich ihr nach, dann lächelte ich leicht. Doch immerhin hatte sie eine Grenze übertreten, die ich nicht zu übertreten gedachte, zumal ich sie nicht kannte. Zudem konnte ich ihr ja nun nicht wirklich mein echtes Alter sagen, da dieses ja eine Zeitspanne von mehreren Jahrhunderten umfaßte.
Ich hatte sie ja auch nicht nach ihrem gefragt.
Summend ,achte ich mich wieder daran, die Kommode von vorhin zu polieren, als die Ladenglocke erneut klingelte und eine kleinere Gruppe Frauen herein kam und sich neugierig umsah. Mit ausgesuchter Freundlichkeit bediente ich sie und merkte genau, daß ich ihnen gefiel. Die Möbel selbst gerieten schnell in den Hintergrund und ich ahnte schon, daß ich sicher bald ein Gesprächsthema in Frauenkreisen sein würde.
Wie immer.

Ich drückte die Tür des Cafes auf und ließ den Wind hinter mir. Ich setzte mich in eine ruhige Ecke und bestellte mir ein Croissant und einen Latte Macchiato.
Als meine Bestellung nach kurzer Zeit bei mir auf dem Tisch stand legte ich meine kalten Hände um das Glas. Ich sah aus dem Fenster und nahm den ersten Schluck meines noch dampfenden Getränks. Dann sah ich in die Straße aus der ich gekommen war.
Dieser Laden war angenehm gewesen, der Typ jedoch irgendwie komisch... Ich fand ihn anfangs sympatisch, doch dieses Kribbeln und ein weiteres Bauchgefühl von mir hatten mich indirekt gewarnt. Ich fühlte mich alleine in seiner Nähe nicht wohl und wenn ich wieder an ihn dachte kam in meinem Kopf wieder ein verwaschenes Wort auf. Diesmal konnte ich jedoch nicht sagen, was mein Unterbewusstsein mir vermitteln wollte.
Der Typ konnte doch wirklich nicht viel älter gewesen sein als ich. Und trotzdem spach er so gewählt, bewegte sich so geschmeidig und wirkte von seinem Verhalten zwischenzeitlich so viel erwachsener als ich. Das kam mir irgendwie seltsam vor.
Ich biss in mein Croissant.

In einer ruhigen Minute schloß ich meinen Laden ab und ging an die frische Luft. Das Jackett öffnete ich, so daß es in leichten Falten um mich herum wehte. Da ich mein eigener Herr war, konnte ich tun und lassen, was ich wollte, auf das Geld, welches ich im Geschäft verdiente, war ich nicht wirklich angewiesen, es reizte mich nur, einen neuen Beruf auszuüben, da mir sonst schnell langweilig werden würde. Und Langeweile war selten gut für meine Umwelt, da ich dann wirklich Durst bekommen würde.
Kurz dachte ich an das Mädchen von heute früh. Sie war eigenartig, als wittere sie in meiner Gegenwart Gefahr, zumindest konnte sie mir während unseres Gespräches nie lange in die Augen sehen und das behagte mir so gar nicht.
Wußte sie etwas?

Ich beobachtete die Leute draußen auf dem Platz. Es war voller als gestern Abend, was aber nicht sehr erstaunlich war. Ein paar von den dunkel gekleideten Menschen draußen eilten schnell über den Platz, andere blieben hier und da stehen und redeten oder sahen sich um. Bestimmt Touristen.
Ich hatte mein Croissant aufgegessen und nippte nun wieder an meinem Kaffee. Dabei ließ ich meinen Blick nun über das Cafe schweifen. Das Luna IN war schon immer eines meiner liebsten Plätzchen gewesen. Ich kannte die Cheffin des Ganzen hier schon einige Jahre, wusste aber, dass sie im Moment im Urlaub war. Sonst säße sie jetzt hier bei mir und wir würden reden.
Ich sah wieder nach draußen.

Als ich an einem kleinen Brunnen auf dem Marktplatz ankam, hielt ich an. Die Menschen, die mich umgaben, schienen mich gar nicht richtig wahrzunehmen, was mir auch recht war. Nur nicht auffallen, war die Devise.
Mein Aussehen paßte nicht hierher, ebenso wenig wie meine scheinbare Jugend und der Fakt, daß ich schon Geschäftsmann war. Doch hatte ich schon unzählige Male studiert, viel erfahren und gelernt, hatte den Wandel der Zeit selbst miterlebt, teilweise daran auch teilgenommen.
Es waren schöne und auch grausame Zeiten gewesen, Zeiten in denen ich geliebt und gehaßt wurde. Meinen Gedanken nachhängend setzte ich mich auf den Brunnenrand und bedeckte die Augen mit meiner Hand, an deren Ringfinger ein schmaler Silberreif mit dunklem Stein blitzte.

Als mein Blick den Brunnen erreichte hob ich kurz eine Augenbraue. War das nicht der Kerl aus dem Möbelgeschäft? Ich schüttelte leicht den Kopf. Der musste doch bestimmt arbeiten.
Ich rief die Bedinung und zahlte. Dabei gab ich ihr Trinkgeld und plauderte noch kurz mit ihr, da ich sie ebenfalls kannte. Ich verabschiedete mich und machte mich auf den Weg nachhause. Umziehen und dann zur Arbeit. Es war schon Viertel kurz nach 12 wie mir die große Uhr am Marktplatz mitteilte. Im Vorbeigehen warf ich dem jungen Mann am Brunnen einen Blick zu. Wieder kurz dieses Kribbeln. Doch nur kurz und schon war es wieder verschwunden. Ich schob es einfach beiseite. Mein Blick blieb auf ihm hafte und mein Schritt wurde langsamer.

Als ich merkte, wie ich beobachtet wurde, sah ich kurz auf und bemerkte das Mädchen vom heute morgen.
Verfolgte sie mich etwa?
Mit starrem Blick sah ich ihren Bewegungen nach, ich ließ sie nicht aus den Augen und mein Körper spannte sich unwillkürlich an. Meine Gesichtszüge schienen zu versteinern, jeder Muskel vibrierte in mir.
Als sie langsamer wurde und noch immer nicht den Blick von mir nahm, versuchte ich mich zu entspannen und zog fragend eine Augenbraue nach oben. Sie war mir mittlerweile so nah, daß sie es sicher gesehen hatte.

Ich schüttelte nur den Kopf und ging einfach weiter. Nichts anmerken lassen und das Gefühl verdrängen. Ich sah weg und ging starr gradeaus. Ich fühlte mich von ihm beobachtet und das fühlte sich eindeutig nicht gut an!
Ich beschleunigte meinen Schritt ein wenig und sah nicht wieder zu ihm zurück.

Was war denn nun schon wieder?
Ein ungutes Gefühl beschlich mich, als ob sie dies absichtlich getan hatte. Was sollten diese Spielchen?
Folgen konnte ich ihr nun nicht, da es zu hell war und es dieses Mal sicher auffallen würde. Also blieb ich noch eine Weile sitzen und stand dann auf, um zurück in meinen Laden zu gehen.

Ich schloss die Haustür auf und ging ins Schlafzimmer. Dort holte ich meine Arbeitskleidung aus dem Schrank und legte sie aufs Bett. Dann zog ich mich aus und schnell wieder an. Weiße, tief ausgeschnittene Bluse, bei der ich den ersten Knopf aufließ. Die Netzstrumpfhose und den Rock tauschte ich gegen eine schwarze, enge Röhrenjeans. Ich seufzte. Dann band ich mir noch mein schwarzes Rüschenband in die Haare. Dann nahm ich mir meine Jacke und meine Tasche. Es war nun schon kurz nach 13 Uhr, denn ich hatte mich nicht beeilt. Ich hatte noch Zeit, doch ich wollte heute früher kommen. Eine Kollegin hatte Geburtstag. Ich verließ das Haus.