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Es war ruhig im Laden, ab und zu kam eine Kundin oder ein Kunde vorbei, ich hielt höflich Smalltalk und verkaufte auch einige kleinere Dinge.
Hauptsächlich wollte ich mich ja auch mit den Leuten hier bekannt machen, so daß sie nicht mißtrauisch wurden oder Ähnliches.
Doch ich merkte, daß ich schon bald wieder auf die Jagd gehen mußte. Bei einem Blick in meinen Spiegel sah ich, wie meine Augen schon dunkler wurden.
Ich hatte Durst.

Ich schloss die Haustür hinter mir. Dann machte ich mich langsam auf den Weg. Ich arbeitete fast jeden Abend im Restaurant 'Liena'. Ich kam an dem neuen Laden vorbei, sah aber nicht einmal hinein. Ich hatte jetzt keine Zeit um an diesen Typen zu denken oder wieder das Gefühl verdrängen zu müssen.

Mein Blick verriet mir alles, ich konnte in diesem Zustand gefährlich sein.
Nicht, daß es mir etwas ausgemacht hätte, ich liebte die Jagd, doch wollte ich nicht dort töten, wo ich mein Heim hatte.
So schloß ich meinen Laden, obwohl es noch nicht einmal wirklich Nachmittag war. Mit einem lauten Rattern schoben sich die Jalousien vor mein Schaufenster, das GEÖFFNET Schild hatte ich schon abgenommen.
Nun lag mein Laden im Halbdunkel und ich setzte mich auf einen alten Sessel.
Hinaus konnte ich jetzt nicht, da die Sonne mir nun doch schaden konnte, indem sie mich meiner Kraft beraubte.

Nach ein paar Minuten war ich im Liena angekommen. "Happy Birthday!!", rief ich Mara zu und umarmte sie kurz. Sie bedankte sich kurz. "Und wie ist die Lage im Moment?", fragte ich und sie erwiederte, dass noch nicht allzuviele Gäste da waren. Heute war Donnerstag da war es meistens etwas ruhiger. Hoffentlich war es heute auch so.

Mein Durst nahm zu, doch noch immer war es zu hell draußen und die Menschen wären zu leichte Opfer gewesen. Seufzend saß ich da und wartete einfach nur ab, die Zeit zog sich zäh wie Gummi.
Doch ich konnte nichts tun, dies war einer der wenigen Momente, in denen ich unterlegen und schwach war.
Unberechenbar und tödlich, doch schwach im Geiste.

Ich machte mich an die Arbeit und bediente die ersten Tische. Das Restaurant füllte sich nicht wirklich. Das war sehr gut für mich, denn es bedeutete, dass ich höchstwahrscheinlich pünktlich gehen konnte. Ich beobachtete wie es draußen langsam dunkler wurde. Ich bemerkte, wie mich ein paar jüngere Gäste unverholen anstarrten. Es waren drei Männer, vielleicht 2 Jahre älter als ich. Als ich sie bediente glotzten sie mir direkt in den Ausschnitt und grinsten sich an. Ich schloss bei der nächsten Gelegenheit den oberen Knopf meiner Bluse.

Es dämmerte ... endlich, meine Zeit war gekommen.
Rasch ging ich in meine Wohnung hinauf und verwandelte mich in einen Raben. So kam ich schneller vorwärts auf der Suche nach Beute.
Da ich schnell unterwegs war, konnte ich eine recht große Distanz zurücklegen und fand auch schon bald ein passendes Opfer. In einem Park sah ich einen Obdachlosen am Feuer sitzen und stürzte mich kurz entschlossen auf ihn. Er hatte nur wenig zu leiden, da mein Durst mich übermannte und so konnte ich auch schon nach wenigen Minuten wieder aufbrechen.
Ich war kein Freund der Verführung und des Anschleichens, ich riß meine Beute sofort.
Gesättigt machte ich mich auf den Rückweg.

Meine Schicht war zuende und meine Cheffin schickte mich nachhause. Grade als ich meine Sachen holte bemerkte ich, das die Gruppe Männer auch ihre Jacken anzog. Anscheinend hatte Mara ihnen eben die Rechnung gebracht. Ich zog mir meine Jacke über und hänge mir meine Tasche um. Dann ging ich Richtung zuhause. Es war stockdunkel draußen und ich wollte schnell nachhause. Hinter mir hörte ich das Lachen der Männer. "Hey Kleine! Warte doch auf uns!" Ich beschleunigte meinen Schritt. Ich hörte ein Lachen und dann packte mich jemand am Arm. Ich versuchte mich loszureißen, doch ein anderer kam ihm zu Hilfe. Ich konnte zwar kämpfen, aber die beiden hielten mich zu geschickt fest. Der Dritte kam grinsend auf mich zu und zog mir die Jacke von den Schultern. "Hilfe! Lasst mich in Ruhe!", rief ich so laut ich konnte. Einer der beiden die mich festhielten hielt mir den Mund zu. Ich versuchte weiter zu schreien konnte jedoch nicht. Der Dritte begann meine Bluse aufzuknöpfen. Wieso war ich auch in die Seitenstraße gelaufen. Eine Träne rann mir die Wanne hinunter. Ich zappelte und versuchte zu schreien.

Als ich wieder in meine neue Heimatstadt kam, hörte ich von unten einen Tumult und das Schreien einer Frau. Als ich meine Kreise enger zog, sah ich, wie ein paar Männer das Mädchen bedrängten, welches mir so unheimlich war.
Doch konnte ich sie nicht so einfach allein lassen, mein Ehrgefühl regte sich und ich landete sanft in einer Seitenstraße und verwandelte mich zurück.
Zum Glück trug ich nun eng anliegende Kleidung, der Anzug hätte doch gestört.
Dann trat ich so hervor, daß mein Gesicht noch halb im Schatten lag, bevor ich die Herren ansprach.
"Würdet ihr mir freundlicherweise verraten, was das wird, wenn es fertig ist, Gentlemen?"
ber.

Ich zappelte und strampelte noch heftiger. Der Typ hatte schon die ersten 3 Knöpfe meiner Bluse offen, sodass man meinen BH schon sehen konnte.
Da hörte ich plötzlich eine Stimme, die ich kannte. Das Gefühl war wieder da. Es machte mich irgendwie stärker und machte meine Angst noch stärker. Ich riss mich in dem Überraschungsmoment der Männer los. Ich lief schnell zu den Typen im Schatten und schlang meine Arme um mich. Ich wollte zwar nicht unbedingt in seine Nähe, aber ich dachte irgendwie das er mir helfen würde. Meine Jacke lag bei den Männern, genauso wie meine Tasche. Die Knöpfe meiner Bluse gingen nicht mehr zu, da der Typ sie fast abgerissen hatte.

Als sie auf mich zugerannt kam, wußte ich, daß sie zumindest in Sicherheit war. Geschmeidig ging ich auf die Männer zu und musterte sie eingehend, dann grinste ich.
" Na na, legt euch doch lieber mit jemandem an, der euch gewachsen ist. Sich an Frauen vergreifen ist ja wohl das Feigste, was ich je gesehen habe."
Die drei grinsten mich an und einer startete einen Frontalangriff, doch wurde er schon im Ansatz von meiner Hand gestoppt, die ihn packte und ihn dicht an mich heran zog.
Meine nun tiefschwarzen Augen fixierten seine und ich zwang ihm meinen Willen auf.
"Verschwindet und laßt euch hier nie wieder blicken, sonst werde ich ungemütlich."
Er nickte nur mechanisch und deutete den anderen, sie sollten gehen, was sie auch taten.

Die Männer gingen wie ferngesteuert. Sie rannten nicht, sondern gingen ganz ruhig. Ich wich ein wenig vor dem Ladentypen zurück. Wie hatte er das geschafft. Meine Angst wuchs. "Danke!",nuschelte ich und schnappte mir schnell meine Jacke die ich um mich zog. Ich lehnte mich leicht geduckt an die Wand und sah ihn schüchtern und leicht verängstigt an. "Wieso... Wieso warst du hier?", fragte ich flüsternd.

Ich drehte ihr bewußt den Rücken zu, da meine Wut noch nicht verraucht war.
"War auf dem Weg nach Hause und hörte dich schreien."
Das war bei genauer Betrachtung nicht einmal gelogen, daß ich als Rabe unterwegs war, mußte ich ja nicht sagen.
"Du solltest im Dunkeln aufpassen, es sind sicher noch mehr Typen wie dieser Abschaum unterwegs, also würde ich sagen, beeil dich und geh nach Hause."
Damit setzte ich mich in Bewegung und steuerte auf eine der Seitenstraßen zu.

Ich nickte, was er natürlich in der Dunkelheit und mit dem Rücken zu mir nicht sehen konnte. "Hatte nichts anderes vor...!",murmelte ich. Ich folgte ihm noch ein Stück schweigend die Straße hinunter. Ich musste ja eh in die Richtung.
In meinem Kopf schwirrte die Frage herum, warum er mir geholfen hatte. Und wo war er vorher gewesen?
Ich war einfach viel zu neugierig. Und ich hatte mich ja wohl schon vorhin ziemlich daneben benommen. Ich hoffte das er das nicht schlimm fand. Ich beobachtete ihn von hinten.

Als ich ihre Schritte hinter mir hörte, drehte ich mich um.
"Warum verfolgst du mich? Was willst du noch von mir?"
Noch immer lag mein Gesicht im Schatten, so daß meine Gesichtszüge nicht zu sehen waren. Dann drehte ich mich abrupt wieder um, um in eine weitere Seitenstraße einzubiegen, die in eine andere Richtung führte, weg von meiner Wohnung.

Ich blieb stehen. "Ich verfolge dich nicht! Ich muss nur in dieselbe Richtung!", murmelte ich schon fast enttäuscht. Wieso ließ er es nicht mal zu das ich ihm folgte? Verachtete er mich jetzt so sehr?
Ich sah zur Seite. Ich würde einfach warten bis er weg war und dann nachhause gehen. Er sollte sich ja nicht bedrängt fühlen oder so...
Immerhin hatte er mich eben gerettet.

"Dann ist ja gut."
Behende tauchte ich in eine dunkle Gasse und lief sie entlang, bis ich mir sicher war, daß sie nicht mehr in meiner Nähe war oder mich sehen konnte.
Dann verwandelte ich mich wieder in einen Raben und flog zurück. Ich sah, wie sie noch immer an der Stelle stand und flatterte über sie hinweg und nahm Kurs auf meine Wohnung.
Dort flog ich in das Wohnzimmer, dessen Fenster ich noch offen gelassen hatte und verwandelte mich zurück. Dann stellte ich mich so, daß man mich nicht sehen konnte und sah nach draußen.
Es dauerte tatsächlich eine ganze Weile, bis sie in Sichtweite kam und ich schloß leise das Fenster.

Ich lief langsam und mit gesenktem Kopf nachhause. Was wäre, wenn die Typen morgen wieder kamen und er wäre nicht da!?
Dann fiel mir ein das ich morgen frei hatte. Ich hatte endlich wieder Zeit um kämpfen zu gehen. Oder tanzen. Oder einfach beides.
Ich lächelte leicht und schloss meine Haustür auf. Summend betrat ich meine Wohnung und machte in allen Räumen das Licht an.

Ich setzte mich ins dunkle Wohnzimmer und dachte nach. Hoffentlich hatte mich nichts verraten, das wäre nicht unbedingt die beste Aussicht für morgen, zumal sie ja wieder in meinem Geschäft auftauchen wollte wegen der Kommode.
Am besten würde ich mich vollkommen unwissend stellen, dieses Zusammentreffen hatte nie stattgefunden.

Ich machte mich schnell fertig und ging ins Bett. Morgen würde ein schöner Tag werden!
Ich lag noch wach und dachte nach. Was hatte das Kribbeln immer zu bedeuten? Wieso hörte ich nie wenn ER kam? Woher kam er? Wieso sprach er so altertümlich obwohl er nur wenig älter sein konnte als ich? UNd vorallem: Wieso hatten die Kerle vorhin soviel Angst vor ihm gehabt?!

Die Nacht war wieder schön und klar und ich saß lange am Fenster und betrachtete den Mond. Wie oft ich schon so dagesessen hatte, wußte ich nicht mehr, irgendwann hatte ich aufgehört, zu zählen.
Etwas traurig sah ich nach draußen, manchmal vermißte ich es schon, ein Mensch zu sein.
Doch auf der anderen Seite hatte ich auch viele Vorzüge. Nun ja, man konnte damit leben, wenn man das so nennen konnte.

Am nächsten Morgen schlief ich lange.
Langsam öffnete ich ein Auge und gähnte. Dabei streckte ich mich. Dann stand ich auf und trapste mit verwuschelten Haaren in die Küche. Dort machte ich mir einen Kaffee und holte mir die Zutaten für Pfannkuchen heraus. Ich begann den Teig zu machen und machte mir dann ein paar Pfannkuchen. Ich setzte mich an den Tisch und aß. Dabei dachte ich wieder nach.

Die Sonne war an diesem Morgen nur trüb zu sehen, Wolken waren aufgezogen, die jedoch keinen Regen in sich hatten.
Auch nicht schlimm, zu grelles Sonnenlicht mochte ich auch nicht, da es meine an die Dunkelheit und das Dämmerlicht gewöhnten Augen blendete und somit unangenehm war. Doch ansonsten würde es ein Tag sein wie der gestrige, der Laden würde wieder geöffnet werden und entweder verkaufte ich Möbel oder eben nicht. Beides war mir recht.

Ich hatte aufgegessen und ging ins Bad. Ich duschte und föhnte mir meine Haare. Dann zog ich mich an, roter Pulli und schwarze Jeans. Dann putzte ich mir die Zähne und schnappte mir mein Geld. Ich ging vor die Tür. Heute würde ich meine Kommode bezahlen. Ich blieb vor der Ladentür stehen. Ich hatte fast schon Angst. "Rose Melana Greyes! Jetzt sei nicht so kindisch!", ermahnte ich mich selbst.

Als sich die Zeit näherte, ging ich nach unten und öffnete die Ladentür. Eine kühle Brise kam mir entgegen und ich schloß kurz die Augen.
Wer weiß, was mich heute erwarten würde, zumindest eine Kundin würde ich schon mal haben, ob sie die Kommode kaufte, wußte ich allerdings nicht.
Daß sie von einem Freund war, war zwar gelogen, doch das mußte ich ihr ja nicht sagen. Eigentlich hatte ich sie selbst gefertigt, als ich vor einigen Jahrzehnten oder Jahrhunderten eine Lehre bei einem Tischler gemacht hatte, wann das war, wußte ich nicht einmal mehr.