Die Verblendung

"Du kannst ihr Ziel, die Menschheit effektiv von einer Plage und Gefahr zu befreien, nicht gutheißen? Und du brauchst nicht damit ankommen, daß es da andere Möglichkeiten gäbe, wir beide wissen, daß es das nicht tut, ansonsten hätten die Vampire dies schon längst umgesetzt. Und ich weiß nun mal, daß Nora recht hat, wir sind eine große Gefahr für die Menschheit. Gerade jetzt sind Hunderte von Amaniels soldaten unterwegs, um Blut zu trinken und ich kann dir versichern, daß es kein Tierblut sein wird. Du hast die zivilisierte Seite von Vampiren kennengelernt, die Seite, die wir an den Tag legen können, wenn wir gesättigt sind. Glaub mir, der Hunger macht uns zu ganz anderen Geschöpfen, Raubtiere, Schatten in der Nacht, rastlose Bestien, die nach dem Blut der Menschen gieren. Ich denke, daß du Anca gesehen hast, als sie gefilmt wurde in Gefangenschaft von Nora. Das iar unsere wahre Natur," das hier," er hob den seidenen Mantelsaum seines Umhangs hoch.
"Das hier und der Umstand, daß ich hier so einfach mir dir reden kann, ohne auf deine Halsschlagader zu sttarren, verdanken wir allein dem Umstand, daß auch ich satt bin."

Julian riss sich zusammen, um sein Unbehagen nicht zu zeigen und er zwang sich Dracula trotzdem anzusehen. Er schüttelte den Kopf.
"Ich verstehe Sie nicht.", sagte er schließlich. "Warum geben Sie Nora Recht und verteidigen sie. Sie will Sie alle bis auf die letzte umbringen. Sogar die Halbvampire. Und sie kämpfen gegen Nora. Das ergibt für mich alles keinen Sinn."

"Nun, soweit ich das einschätze, kämpfe ich gerade nicht gegen Nora, sondetrn sitze hier und unterhalte mich mit dir. Und wie würde es für dich aussehen, wenn ich es so einfach zulassen würde, daß wir von der Bildfläche verschwinden? Immerhin sind wir nur eine Plage der Menschen, es gibt noch tausend andere, die ebenfalls bekämpft werden, aber immer noch da sind, oder? Wir reihen uns einfach nur ein. Und soll das heißen, daß Halbvampire mehr Recht haben zu leben als Vampire, das klang bei dir gerade so. Wer diese Gene in sich hat, der ist verflucht und verdammt auf ewig. Wenn ich das gewußt hätte, dann hätte ich nie zugelassen, daß diese Spezies entsteht, das kannst du mir glauben," da war der Graf sich sicher, immerhin hatte er die Anfänge des Ganzen miterlebt.

Julian versuchte den Standpunkt des Grafen nachzuvollziehen. Obwohl dieser scheinbar es nicht für gut hielt, dass er und alle anderen Vampire waren, musste er seine Leute schützen. Vielleicht wog er auch einfach das geringste Übel ab. Scheinbar fühlte er sich auch verantwortlich. Aber Julian hatte das Gefühl, dass der Chef aller Vampire dies vielleicht gar nicht sein wollte.
"Ich dachte nur, weil Halbvampire eben so geboren worden sind. Sie haben es sich ja nicht ausgesucht, dachte ich.", versuchte Julian sich zu erklären. "Es tut mir leid, ich habe nicht genug Ahnung. Aber ich würde gerne mehr lernen." Julian sah ihn an.

"Du glaubat aber nicht im Ernst, daß sich alle Vampire ausgesucht haben, Vampire zu sein, oder," der Graf sah ihn etwas erstaunt an, für so naiv hatte er Julian dann doch nicht gehalten.
"Ich bin mir sehr sicher, daß über die Hälfte, weit über die Hälfte aller Vampire das nicht sind, weil sie es gut finden, Tageslicht meiden zu müssen und Menschenblut zu trinken."

"Nein. Also keine Ahnung, um ehrlich zu sein. Wahrscheinlich nicht."
Julian nickte. "Was ist mit dem Gegenmittel. Gibt es da nicht so was? Habe ich jedenfalls gehört.."

"Das Gegenmittel ist für die Vampire gedacht, die im Gefängnis sitzen und denen wir nicht erlauben können, auf freiem Fuß zu leben. Natürlich die Vampire, die wir zu fassen bekommen," erklärte der Graf.
"Durch dieses Mittel wird verhindert, daß sie sich je wieder in Vasmpire zurückverwandeln lassen können, wenn sie wieder einmal Mensch geworden sind."

"Also gibt es nur wenig davon?", fragte Julian. Es war wohl gar nicht so einfach, wie er gedacht hatte. Vielleicht musste Derek deshalb so viel dafür tun.

"Wenn es genug davon geben würde oder man es so einfach und billig herstellen könnte, würdest du dich dann nicht auch sehr wundern, warum das noch nicht genutzt worden ist? Wpürdest du dich dann nicht wundern, warum das nicht bekannter ist, immerhin war das künstliche Blut auch sehr bekannt," wollte der Graf wissen.
"Und wenn es genug gäbe, denkst du nicht auch, daß sich das Vampirproblem irgensdwann so ziemlich von alleine erledigt hätte in den letzten einhundert, zweihundert Jahren?"

"Natürlich! Ist ja logisch. Ich dachte nur ich frag mal." Julian lächelte verlegen. Er kam sich doch schon ziemlich naiv und unwissend vor vor dem Grafen. War er ja auch gewissermaßen. Wahrscheinlich war er in den Augen des Grafen und der anderen Vampire auch sowieso nur ein Kind. Nicht mal ein richtiger Erwachsener.

"Fragen schadet selten, es ist immer besser, zu wissen, als unwissend durch sein Leben zu gehen. Das versuche ich wenigstens immer, meinen Leuten zu vermitteln. Es gibt nichts Schlimmeres, als dumm seinem Ende näherzukommen und zu merken, wie viel andwere wissen und wie unwissend man dann doch selber ist," der Graf wies auf ein Buch, was auf dem Tisch lag.
"Vielleicht wollte dein Onkel dir das damit auch sagen. Denn die größte Macht auf dieser Welt sind nicht irgendwelche Waffen oder starke armeen, die einzig wahre Macvht auf der Welt ist Wissen und die Möglichkeit, es einzusetzen."

Julian sah zu dem Tisch rüber. Er wusste, dass sein Onkel es lächerlich fand, dass Julian so viel Wert auf Sport legte. Ihm war eine andere Bildung eben wichtiger. Aber wahrscheinlich hatte er sich auch geweigert die Sachen zu lesen, weil er gegen seinen Onkel rebellieren wollte. Wahrscheinlich waren seine meisten Entscheidungen am Ende eigentlich eine Rebellion und nichts anderes.
Julian wollte nicht unmächtig sein. Vielleicht war er das Ganze aber auch einfach falsch angegangen. Vielleicht war das auch der Grund, weshalb jemand wie Gabriel, der sonst aussah als wäre ihm alles andere egal wie ein Besessener las und Notizen machte. Er nickte schließlich leicht.
"Meine Mom und mein Dad haben auch viel gelesen..", murmelte er.

"Es ist nichts Falsches daran, darüber nachzudenken, was andere tun und zu überlegen, ob man davon einige Dinge annehmen kann. Nichts ist schlimmer als ein weggeworfenes Leben, in dem man nur sich sieht und sich in den Mittelpunkt stellen will, damit man gesehen und beachtet wird. Ruhm kommt nicht daher, weil man es selbst unbedingt so will, man muß ihn sich verdienen und mit Wissen und mit dessen Weitergabe ist man bisher immer noch am besten dran gewesen," lächelte der Graf.
"Das ist auch ein Grund, warum es so viele Jäger bei Nora gibt, alle wollen sie es sein, der mich umbringt, den großen Feind, damit dieser Jäger dann in aller Munde ist. Die Dankbarkeit der ganzen Wlelt ist da schon ein guter anfang, findest du nicht? Und genau das weiß Nora, damit arbeitet sie."

"Ruhm.", murmelte er. Darüber hatte er nie nachgedacht. Aber vielleicht wollte er das auch ein Stück weit. Vielleicht wollte er irgendwie ein Held sein und Anerkennung haben. Natürlich waren da auch andere Faktoren gewesen. Rache und Überzeugung und die Gruppe. Aber vielleicht war Ruhm doch ein Teil davon irgendwie.
"Schon. Vielleicht wollte ich das auch ein bisschen.", gab er dann zu. "Vielleicht dachte ich auch ein bisschen ich könnte jemanden beeindrucken.", er biss sich auf die Unterlippe. Kim hatte Recht. Er war ziemlich egoistisch.

"Jemanden beeindrucken zu wollen ist nicht falsch, aber eben mit den richtigen Mitteln. Du wolltest mich beeindrucken in einer Sache, die zu gefährlich für dich ist. Du wolltest vielleicht sogar Claire beeindrucken, damit sie dich bewundernd ansieht und endlich deine Annäherungsversuche erwidert, nicht wahr," Dracula nickte verständnisvoll.
"Nur bringt einem keine Anerkennung der Welt etwas, wenn du das ganze nicht überlebst."

"Ich dachte ich würde es schon irgendwie überleben und wenn ruhmreich sterben oder so.", murmelte Julian. Er fand selbst dass das bescheuert und naiv klang, jetzt wo er es aussprach. Er wusste nicht, was in seinem Gehirn vorging. Seit wann war er so ein Typ geworden?
Als der Graf Claire erwähnte wurde er rot und schüttelte nur den Kopf. Sie meldete sich nicht einmal mehr bei ihm. Nicht nach dem letzten Brief.

"In wieweit wäre dein Tod denn ruhmreich gewesen? Der einzige Unterschied zu den anderen wäre gewesen, daß du nicht wie Vampire zu Staub zerfällst. Wenn dir das aber allein zu Ruhm und Ehre schon genügt," der Graf sah ihn etwas ratlos an.
"Man hätte dich sicher betrauert, wenn die Vampire siegreich wären, aber du wärst dann wahrscheinlich auch nur einer unter vielen. Im Gegensatz zu mir will Nora sicher tote sehen," fügte er hinzu.
"Claire hat genug zu tun, denke ich. Sie hat sich Beschäftigung gesucht, weil ihr langweilig war, das solltest du auch tun."

Julian verstummte.
"Keine Ahnung.", sagte er schließlich leise. Er hatte nicht weiter als zehn Meter gedacht scheinbar. Wer machte sich schon Gedanken über den eigenen Tod? So auf dem Schlachtfeld jedenfalls. Wahrscheinlich ging das erstaunlich schnell. Hoffentlich schneller als bei seinen Eltern. Er riss sich zusammen, um wieder in der Gegenwart anzukommen.
"Ich hab Beschäftigungen, so ist das nicht. Ich frag mich nur, wie sinnvoll die sind. Aber schätze das ist mein Problem. Aber freut mich, dass es Claire einigermaßen gut geht." er lächelte.

"Ich kenne wenige sinnlose Beschäftigungen. Wichtig ist erst einmal, daß du hier in Sicherheit bist, das hat Vorrang. Es hat also schon einmal einen Sinn, daß du hier bist, junger Mann. Alles andere ist doch erst einmal nebensächlich. Und wenn du eine Beschäftigung findest, die dir zeigt, daß du noch am Leben bist, umso besser und sinnvoller," lächelte der Graf leicht.
"du kannst froh sein, daß du dich nicht in gefährlichere Sachen begeben mußt wie Noah, ich denke, er hat sich von dir verabschiedet, nicht wahr?"

"Ja ich weiß.", sagte Julian. Er wollte sich nicht beschweren. Es kam ihm nur so vor als würde er Zeit verlieren hier manchmal. Aber sonst wäre er tot und das war der ultimative Zeitverlust.
"Ja. Ich hab aber keinen Plan, wo er hin ist, er hat nichts verraten. War nur hier und dann weg. Aber er hat mir da gegeben. Moment." Julian holte eine schmale silberne Kette hervor. Sie hatte einen Anhänger, ein kleines silbernes Kreuz.
"Sie ist schön, aber ich hab ehrlich nichts mit Religion am Hut." Julian verstand die Geste nicht.
"Was hat er vor?"

"Ich kann dir nicht wirklich sagen, was Noah vorhat. Genaueres hat er mir nicht gesagt, nur daß er weitere Informationen über die Lilie sammeln will von innen heraus. Wie genau er das anstellen will, kann ich dir nicht sagen, da ich keine Kenntnis darüber habe. Die Leitung dieser Gesellschaft ist geheim und die Leute in den führenden Kreisen sind noch immer nicht die Spitze, bei weitem nicht," der Graf sah Julian ratlos an.
"Bei der Kette weiß ich auch nicht, was dir Noah sagen wollte. So weit ich ihn kenne, hat er für Religion auch nicht viel übrig. Die Kette ist jedenfalls nichts, was du mir geben sollst, ansonsten hätte er sie mir sicher selbst gegeben, also bewahr sie auf, bis er wieder kommt."

"Hört sich leichtsinnig an. Das finde selbst ich. Und ich wollte mich unvorbereitet in einen Kampf stürzen." Julian betrachtete skeptisch die Kette. Diese Leute wollten schließlich nur Ärger.
"Okay. Normalerweise trag ich kein Silber aber.", er legte sich die Kette um. Konnte man machen. Er schon sie unter sein T-Shirt.

"Du mußt sie ja nicht tragen, wenn du nicht willst. Noah würde sicher nicht sauer sein darüber," letztendlich war es ja Julians Entscheidung.
"Er fühlte sich vielleicht ähnlich nutzlos wie du, was nicht heißt, daß du ähnlich wie er handeln mußt," wandte er dann ein, nicht daß Julian noch auf dumme Ideen kam.
"Er wird auf gefährliche Leute treffen, Leute, die über Leichen gehen. Zumindest eine der Damen dort durfte ich schon kennenlernen, allerdings als Mädchen und als Freundin der Vampire. Was sie jetzt genau ist und warum, weiß ich auch nicht zu sagen. Nur, daß sie gefährlich ist."

"Tja Leute ändern sich, Sir. Ich habe keine Ahnung warum. Aber ist so." Julian wusste selbst wie es war die Meinung zu ändern.
"Aber keine Sorge. Ich mache nichts dummes, ich bin eigentlich ein ziemlich vorsichtiger Mensch." er nickte dem Grafen zu. "Na dann hoff ich dass er sich gut anstellt. Das würde seiner Familie sonst sicher wehtun."

"Er wird sich bewußt sein, welches Risiko er eingeht. Das hoffe ich zumindest für ihn, denn Bella, so hieß das Mädchen damals noch, kann sehr überzeugend sein, wenn sie etwas will. Noah weiß hpoffentlich, wer sie ist und nimmt sich vor ihr in acht," mehr konnte der Graf nicht hoffen, das Ganze war außerhalb seiner Reichweite.