Die Verblendung

"Ich hab noch Muskelkater von dem Seelauf, das reicht mir eigentlich erst mal als Training. Und du weißt ja nicht, was der Boss sonst noch so vorbereitet hat, da will ich meine Kräfte schonen, nicht daß ich da vorzeitig schlappmache. Aber danke fürs Angebot, mit mir zu trainieren, bin da nicht so motiviert wie du wies scheint," er lehnte sich gegen die warme Rinde eines Baumes.
"Bei dir soweit aonst alles klar, hört sich bei dir zwar komisch an, wenn man das sagt, aber siehst reichlich blass um die Nase aus."

"Alter." Julian schüttelte den Kopf. Er wusste nicht ob Thomas es draufhatte, oder ob er nur so tat. Aber das war ja auch seine Sache.
"Einen Versuch war es wert. Vielleicht irgendwann. Du weißt ja, wo ich zu finden bin, da ich ja nicht alleine raus darf."
Er sah Thomas kurz ernst an bei seinem Kommentar, lachte dann aber. "Ne alles gut. Schon in Ordnung bei mir, ich glaube aber ich versuchte heute etwas früher zu schlafen dann geht das schon. Ist ja nichts passiert." Er musste das mit Ann eben erstmal verarbeiten.

"Ich penn halt gerne aus, das ist alles. Meine Family mußte mich auch immer zum Training rausscheuchen, war sogar mal einer der Leute aus meinem Center bei mir zu Hause, um mich dran zu erinnern, daß ich im Center gefälligst anzutanzen habe, um dort auch zu trainieren. War ne ziemlich peinliche Nummer für mich gewesen und meine Familie war stinksauer auf mich und mein Vater hat mich da dann ne Weile sogar persönlich hingefahren, damit ich nicht auf andere Ideen komme. Deswegen nutz ich die Zeit hier einfach aus, um zu chillen," erklärte Thomas ihm, für ihn war das trotz allem eine Art Erholung hier.
"Nö, war ja recht relaxt der Tag gewesen, Claire hat ihren Fotoapparat auch gekriegt und alles ist gut. Du hast dich wie immer mit Ann in die Wolle bekommen, aber ich denke, das ist jetzt auch gut. Sora hat uns da ja gleich weggelotst, deswegen brauchst du dir keinen Kopf machen, daß wir was mitbekommen haben. Wir durften ablenkungsmanöver für die Leute rundrum spielen. Sora war der Meinung, daß wenn ihr beide Probkleme habt, wir uns da nicht weinzumischen haben. Also, wie du gesagt hast, ist nichts weiter passiert. Aber früh ins Bett gehen klingt nach nem Plan."

"Yo, leg dich nicht mit deinen Eltern an. Können Scary sein. Ist mir am Anfang aber auch passiert, weil ich mich geschämt habe ins Fitnesscenter zu gehen. Ich meine du hättest mich vor einem Jahr sehen sollen. Uff.", murmelte Julian. "Aber ich kann dich verstehen. Lange schlafen ist schon ne feine Sache. Aber mit Schule und so kann ich das eh nie machen und jetzt ist das mit dem Rythmus auch einfach so drin. Wenn wir zurückkommen ist eh nicht mehr mit chillen, da hast du Recht." er nickte müde.
"War emotional anstrengend für mich.", stimmte er ihm zu. "Ich glaube ich möchte auch zurück nach Hause, wenn das okay ist, ich möchte nur noch heiß duschen und mich hinlegen demnächst. Aber danke, Mann fürs aufmuntern. Tom, kann ich dich auch Tom nennen?"

"Nenn mich meinetwegen auch so, das ist mir gleich," Thomas hatte da kein Problem, da sein Name eh meistens in diese Kurzform umgewandelt wurde, wenn er länger mit Leuten zu tun hatte.
"Dusch aber nicht zu lange, ansonsten habe ich kein warmes Wasser mehr und der Boiler braucht ne Weile, bis das wieder warm ist. Sah auch emotional aus bei euch beiden, anns Hände sahen schlimm aus, die hat so feine Haut, schätze ich ... oder superscharfe Nägel," konnte in seinen Augen beides zutreffen.
"Die wird sich sicher auch gleuich hingepackt haben und wenn nicht, wird Claire sie wahrscheinlich ans Bett fesseln oder noch schlimmer, dem Boss Bescheid geben," das waren keine Methoden, die Thomas live erleben wollte.

"Okay. Wie du willst." Er stand auf.
"Keine Sorge, ich dusche nicht länger als 5 Minuten in der Regel." Sie gingen gemeinsam wieder zurück zum Bungalow.
"Richtig übel", murmelte Julian leise. "Ich wollte doch nicht, dass sie sich wehtut. Wegen mir." er verstummte und nickte bei seiner letzten Aussage. Das sähe Claire auf jeden Fall ähnlich. Zurück beim Bungalow, ging er direkt ins Bad. Das warme Wasser war wie wiederbelebend. Nach 5 Minuten war er allerdings auch wieder draußen und trockente sich ab. "Du kannst", meinte er zu Thomas, der in der Küche saß. "Ich haue mich hin schonmal. Bis Morgen." er ging auf sein Zimmer, kroch unter die Bettdecke und dachte über das Gespräch mit Ann nach. Vielleicht konnte er sich die Tage auch nochmal mit Claire aussprechen.

"Ist doch die perfekte Vorbereitung. Und das Mädel ist nicht aus Zucker, die hat bei ihren Kämpfen sicher noch härtere Blessuren abbekommen als das mit den Händen heute," wenn ann wirklich eine der Besten war, dann sicher auch durch eine harte Schule, da war Thomas sich sicher und machte sich da keine weiteren Sorgen. Ann schien den Schmerz nicht mal richtig mitbekommen zu haben.
"Na, dann schlaf gut," meinte er, als Julian aus der Dusche kam und ging dann selber ins Bad, um sich fertig zu machen und ins Bett zu gehen.

Julian schlief ein paar Stunden, was nicht schlecht war, aber die meiste Zeit lag er wach und dachte über alles nach, was er gesagt oder getan hatte. Einmal mehr festigte sich seine Meinung, dass er sich zurückhalten wollte. Er wollte niemandem mehr das Gefühl geben etwas besser zu wissen, denn er wusste es nicht besser und er wollte sich nicht mehr bei anderen einmischen. Alle hatten eben ihre Probleme und ihren Kram mit dem sie zu kämpfen hatten.
Am nächsten Morgen stand Julian etwas früher auf als sonst und trainierte doppelt so viel, wie er auch gesagt hatte. Danach ging er duschen und setzte sich erschöpft an den Küchentisch. Thomas war noch nicht wach, aber es war ja auch nicht klar, was heute anstand. Julian entschied sich dazu schonmal Teewasser aufzusetzen und Brot in der Pfanne zu Toasten.

Thomas schlief ruhig durch ohne Probleme. Das machte zum Teil wahrscheinlich auch die gute Landluft aus, wie seine Fasmilie immer sagte. Er wurde wach, als er Essen roch und streckte sich ausgiebig, bevor er aus dem Bett kroch und zu Julian in die Küche tappte.
"Morgen," murmelte er und ließ sich auf einen Stuhl fallen. "Und, ausgeschlafen? War doch ne gute Idee, mit dem früh ins Bett gehen," grinste er schläfrig.

Julian hatte ein Käsetoast für die beiden vorbereitet jeweils. Er stellte sich nicht so geschickt an, aber dafür war es ganz gut geworden.
Er stellte Thomas das Frühstück mit etwas Tee hin und setzte sich ihm gegenüber.
"Ja. War gut.", meinte er. Für seine Verhältnisse hatte er viel geschlafen. "Ich hoffe du magst viel Käse, weil was anderes hatten wir nicht mehr. Käse und Brot." Julian biss ein Stück ab. "Mal sehen was Sora heute mit uns vorhat."

"Ach, ich eß eigentlich ziemlich alles, ich bin da nicht mäklig. Und Brot und Käse ist doch voll okay, mehr gibts bei uns zu Hause zum Frühstück auch nicht. Vielleicht noch n bisschen Salami und das Ganze dann nicht aus der Pfanne, sondern kalt ... ist also nix Neuws für mich im Prinzip," meinte Thomas und genehmigte sich einen Schluck Tee.
"Hoffentlich gehts Ann heute wieder gut, nicht, daß die die Nächste ist, die im Krankenhaus landet. Aber der Bossd hat mir gesagt, daß das im Neulingscamp recht oft passiert, also wenn doch, ist das nichts Besonderes."

"Okay cool." er verschlang sein Toast und stand dann auf, um sich ein neues zu machen, weil er noch Hunger hatte.
"Ich hoffe auch es geht ihr gut.", sagte er leise. Er hätte ihr niemals etwas böses gewünscht
Er wusste auch nicht, wie er ihr heute entgegentreten sollte. Oder generell.
"Wegen der Pflanzen oder was? Ich finde sonst machen wir ja bis jetzt nichts gefährliches..."

"Wenn du meinst ... also ich finde es schon gefährlich, sich einfach unter irgendwelche Medikamente setzen zu lassen, die eigentlich Vampire außer Gefecht setzen sollen. Oder einfach n Medium in den Köpfen von anderen rumfuhrwerken zu lassen, immerhin hätte Sora nichts machen können, wenn der Typ dein Gehirn zu Brei gemacht hätte. Oder wenn eines dieser Medikamente fehlgeschlagen hätte, man hat euch vorher oder hinterher ja nicht mal mehr untersucht ... finde ich schon gefährlich, um ehrlich zu sein," gab Thomas zu bedenken. Das mit den Pflanzen sah er da noch als harmlos an, zumal Sora sie ja vorgewarnt hatte, er hatte einfach nur Pech gehabt.
"Genau so die Sache mit dem Moos, die Pfeiler waren teilweise so marode, die hätten auch einstürzen können und dann wärs das mit uns gewesen. Weiß ja nicht, was du sonst so für gefährliche Sachen machst, aber für mich ist das Gefahrenlevel schon ziemlich hoch, wenn du mich fragst, Mann," er trank nachdenklich seinen Tee weiter.
"Aber gut, ist meine Ansixht, mußt du ja nicht genau so sehen," endete er friedfertig.

"Da habe ich gar nicht wirklich dran gedacht. Das war wohl schon gefährlich. Hatte ja eine allergische Reaktion bei einem von uns auslösen können." das hatten sie ja schon gemacht.
"So wie ich das verstanden habe, machen sie das mit dem Medium normalerweise nicht. Das war was besonderes." er sah auf seine Hande, die noch immer voller Schrammen bom Moosernten waren. Er war sehr oft abgerutscht. Da hatte Thomas schon recht. Ein Wunder, dass er sich nicht komplett auf die Fresse gelegt hatte.
Manchmal merkte er so was gar nicht. Da musste er aufmerksamer sein.

"Mach dir nix draus, du hast halt nur die aufgaben gesehen, ich halt die Risiken. Hab im Krankenhaus viel über so was nachdenken können, was wir uns und anderen da antun mit der Sache. Und ich glaub nicht, daß wir das Camp hier nur machen, um Pflanzen zu zerlegen, das hat sicher noch nen anderen Zweck und eer ist vielleicht auch nicht ohne, wer weiß´das schon außer unserem Trainer," Thomas sah ihn schulterzuckend an, bevor er sich noch einen Bissen Toast gönnte.
"Die werden uns hlat nicht die ganz schlimmen Sachen machen lassen, immerhin haben die ne Aufsichtspflicht, weil wir noch nicht volljährig sind und wenn die zu viel riskieren und uns was Ernstes passiert, dann sind die Jäger ziemlich am Arsch. Das würde keine Familie mitmachen, da bin ich mir sicher."

"Das glaube ich auch nicht. Wahrscheinlich geht es wirklich darum, dass wir uns kennenlernen und aufeinander herumhocken. Damit er unsere Dynamik sieht." Wenn das wirklich stimmte, dann konnte Julian nur grottig abgeschnitten haben. Aber selbst das war nicht so schlimm. Schlimmer war die Sache mit Ann.
" Oder er will sehen wie geschickt wir uns insgesamt anstellen oder wie gut wir uns an unsere Umgebung anpassen können. Wie gut unsere Sozialkompetenz ist. Es gäbe viele Möglichkeiten." Julian hatte sich darüber auch schon den Kopf zerbrochen. Aber er war zu dem Schluss gekommen, dass er sich ja nicht verstellen konnte. Sora wäre eh schlau genug, um das zu merken.
" Wolltest du auch noch was zu essen ", fragte er Thomas.
Julian setzte sich mit seinem zweiten Käsebrot hin. und verdrückte es sofort. Er hatte immer noch Hunger, aber er hatte keine Lust noch mehr zu machen, also ließ er es gut sein.
"Mein Onkel würde sie verklagen. Keine Ahnung wie weit er damit kommen würde, aber er hat schon damit gedroht.", seufzte Julian. Sein Onkel war einfach nicht begeistert davon dass Julian bei den Jägern war. Er konnte nicht so verstehen warum. Schließlich taten die Jäger etwas Gutes.
Aber irgendwie hatten sie sich beide bei dem Thema festgefressen.

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